Gruene Armee Fraktion by Wolfgang Metzner

Gruene Armee Fraktion by Wolfgang Metzner

Author:Wolfgang Metzner [Metzner, Wolfgang]
Language: deu
Format: epub
Publisher: Emons Verlag
Published: 2012-07-29T22:00:00+00:00


24

Freitag, Morgen

Betreff: countdown 3

Gesendet: 7:53 uhr

alles unter kontrolle, reporter embedded. gibt sich mühe,

interessante nacht. testen, ob er nützlich für uns ist.

weitere infos über zielobjekt sammeln und vorbereitungen

für nächste operation treffen. countdown für nummer 3 wie festgelegt.

25

Friedhof Ohlsdorf, Hamburg

Ein leeres Bett. Nur noch eine warme Stelle, als er vorsichtig neben sich tastete und die Augen aufschlug. Aus dem Nebenraum war die Tastatur eines Computers zu hören. Dann konnte er durch die offen stehende Tür sehen, wie Ricarda einen Umhang abstreifte und nackt zum Bad ging.

»Was hast du heute vor?«, rief er ihr halbwach nach.

»Eine Überraschung«, sagte sie, als sie in Shirt und Hose zurückkam und einen dampfenden Mate neben das Bett stellte. »Letzte Nacht, das war nur das Vorspiel.«

»Und was ist das Nachspiel?« Er blickte sie neugierig an.

»Komm einfach mit, dann wirst du es erleben.« Sie sah unverschämt gut aus, fand er, aber sie lächelte nicht, als sie ihm einen flüchtigen Kuss gab. Irgendetwas in ihrem Blick hatte sich verändert, und sie wirkte unruhig, während sie auf die Uhr schaute.

Um kurz nach halb zehn kam ein Anruf, den sie nur mit einem »Okay« quittierte.

Dann fuhren sie in seinem Wagen los. Sie dirigierte ihn nach Nordosten, zum Friedhof in Ohlsdorf. Nachdem sie das riesige Areal einmal halb umrundet hatten, ließ sie ihn an der Rückseite vor einem Nebeneingang halten, am Ende einer Stichstraße im Schutz einer Hecke. Sie war ganz in Schwarz gehüllt und griff die rote Rose, die sie unterwegs besorgt hatte.

»Was ist los? Willst du nicht darüber reden?«, fragte Mondrian, der ahnte, dass sie zu einer Trauerfeier aufbrach.

»Später«, sagte sie, als sie ausstieg. »Warte hier. Ich bin bald zurück.«

Warten. Wie er das hasste. Weil man zu viel Zeit hatte, sich Fragen zu stellen, auf die man keine Antworten fand. Warum hatte er mit dieser Frau geschlafen, die er kaum kannte? Nur aus Lust? Oder wollte er mit dem Feuer spielen? Und weshalb ließ er sich breitschlagen, sie hierherzufahren, wenn sie ihm nicht einmal sagte, was sie vorhatte? Wie lange sollte er hier stehen vor diesem düsteren Tor, durch das jetzt eine ganze Prozession mit Kränzen und Grabgebinden lief?

Aus einer Kapelle wehte das Geläut einer Glocke herüber, doch durch die dichten Büsche und Bäume konnte Mondrian nicht erkennen, was auf dem Friedhof vor sich ging. Er lehnte sich seufzend zurück und malte sich aus, wie er zu Hause auf einem Kelim lag, weit weg von Ricarda und ihren Rätseln, seine Gitarre im Anschlag, um ein paar Riffs in die Saiten zu hauen. Als Jugendlicher hatte er mal in einer Rockband gespielt, viel zu schlecht, um von einer Karriere als Musiker zu träumen. Dafür gab es andere Götter, Hendrix zu Beispiel, Clapton oder Keith Richards. Er griff nach der CD mit Stones-Klassikern, schob die Scheibe in den Player, gab Saft auf die Boxen und schloss die Augen.

»You’re not the only one

with mixed emotions

you’re not the only ship

adrift on this ocean.«

Hinten flog eine Tür auf. Ein Mann tauchte in den Wagen und duckte sich sofort, während Ricarda auf der anderen Seite hineinsprang.

»Los! Schnell weg hier!«, keuchte sie.



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